Gedichte

Gedichte nach 1800

An die Deutschen

Spottet nimmer des Kinds, wenn noch das alberne
   Auf dem Rosse von Holz herrlich und viel sich dünkt,
         O ihr Guten! auch wir sind
               Tatenarm und gedankenvoll!

Aber kommt, wie der Strahl aus dem Gewölke kommt,
   Aus Gedanken vielleicht, geistig und reif die Tat?
         Folgt die Frucht, wie des Haines
               Dunklem Blatte, der stillen Schrift?

Und das Schweigen im Volk, ist es die Feier schon
   Vor dem Feste? die Furcht, welche den Gott ansagt?
         O dann nimmt mich, ihr Lieben!
               Daß ich büße die Lästerung.

Schon zu lange, zu lang irr ich, dem Laien gleich,
   In des bildenden Geists werdender Werkstatt hier,
         Nur was blühet, erkenn ich,
               Was er sinnet, erkenn ich nicht.

Und zu ahnen ist süß, aber ein Leiden auch,
   Und schon Jahre genug leb ich in sterblicher
         Unverständiger Liebe
               Zweifelnd, immer bewegt vor ihm,

Der das stetige Werk immer aus liebender
   Seele näher mir bringt, lächelnd dem Sterblichen,
         Wo ich zage, des Lebens
               Reine Tiefe zu Reife bringt.

Schöpferischer, o wann, Genius unsers Volks,
   Wann erscheinest du ganz, Seele des Vaterlands,
         Daß ich tiefer mich beuge,
               Daß die leiseste Saite selbst

Mir verstumme vor dir, daß ich beschämt,
   Eine Blume der Nacht, himmlischer Tag, vor dir
         Enden möge mit Freuden,
               Wenn sie alle, mit denen ich

Vormals trauerte, wenn unsere Städte nun
   Hell und offen und wach, reineren Feuers voll
         Und die Berge des deutschen
               Landes Berge der Musen sind,

Wie die herrlichen einst, Pindos und Helikon,
   Und Parnassos, und rings unter des Vaterlands
         Goldnem Himmel die freie,
               Klare, geistige Freude glänzt.

Wohl ist enge begrenzt unsere Lebenszeit,
   Unserer Jahre Zahl sehen und zählen wir,
         Doch die Jahre der Völker,
               Sah ein sterbliches Auge sie?

Wenn die Seele dir auch über die eigne Zeit
   Sich, die sehnende, schwingt, trauernd verweilest du
         Dann am kalten Gestade
               Bei den Deinen und kennst sie nie,

Und die Künftigen auch, sie, die Verheißenen,
   Wo, wo siehest du sie, daß du an Freundeshand
         Einmal wieder erwarmest,
               Einer Seele vernehmlich seist?

Klanglos, —————— ists in der Halle längst,
   Armer Seher! bei dir, sehnend verlischt dein Aug
         Und du schlummerst hinunter
               Ohne Namen und unbeweint.