Gedichte

Gedichte nach 1800

Diotima

Du schweigst und duldest, denn sie verstehn dich nicht,
   Du edles Leben! siehest zur Erd und schweigst
         Am schönen Tag, denn ach! umsonst nur
               Suchst du die Deinen im Sonnenlichte,

Die Königlichen, welche, wie Brüder doch,
   Wie eines Hains gesellige Gipfel sonst
         Der Lieb und Heimat sich und ihres
               Immerumfangenden Himmels freuten,

Des Ursprungs noch in tönender Brust gedenk;
   Die Dankbarn, sie, sie mein ich, die einzigtreu
         Bis in den Tartarus hinab die Freude
               Brachten, die Freien, die Göttermenschen,

Die zärtlichgroßen Seelen, die nimmer sind;
   Denn sie beweint, so lange das Trauerjahr
         Schon dauert, von den vorgen Sternen
               äglich gemahnet, das Herz noch immer

Und diese Totenklage, sie ruht nicht aus.
   Die Zeit doch heilt. Die Himmlischen sind jetzt stark,
         Sind schnell. Nimmt denn nicht schon ihr altes
               Freudiges Recht die Natur sich wieder?

Sieh! eh noch unser Hügel, o Liebe, sinkt,
   Geschiehts, und ja! noch siehet mein sterblich Lied
         Den Tag, der, Diotima! nächst den
               Göttern mit Helden dich nennt, und dir gleicht.