Der blinde an Gott

Vater alles Lichts, o! warum glänzen
Mir die Sonnen, Deine Kinder, nicht?
Mich auch riefst Du zu des Lichtes Grenzen,
Und doch birgst Du mir Dein Angesicht.

Doch Dich anzuklagen, das ist Sünde,
Gern sich Dir ergeben, das ist Glück,
Gott! verzeih’ die Klage Deinem Kinde,
Das sich sehnt nach Deinem Vaterblick.

Ja, mein Vater bist Du, nicht im Grimme
Löschtest Du mir aus der Augen Strahl.
„Wandle kühn einher!“ ruft Deine Stimme,
„Denn ich leite Dich durch’s dunkle Tal.“

Sanft von Dir geführt auf allen Wegen
Folg’ ich blind der Freude Rosenspur;
Lieblich weht Dein Odem mir entgegen
Im Gefild’ und auf der Blumenflur.

Überall bin ich in Deinem Reiche,
Wo mein Ohr nur lauschet, waltest Du,
Jeder Bach und jedes Hains Gesträuche
Lispelt Deinen Vatergruß mir zu.

In dem süßen Lied der Nachtigallen
Und der Lerchen hör’ ich Deinen Ruf: ,
„Freue Dich“, und in des Donners Hallen
Hör’ ich jenes Wort, das Welten schuf.

O! ich fühle namenlose Wonne,
Ganz von Liebe, Gott, zu Dir erfüllt,
Sie ist meines innern Lebens Sonne,
Wenn auch tiefe Nacht mich rings umhüllt.

Himmelsblumen blühn in ihrem Strahle;
Glaube, Hoffnung, Engelfriede mir;
Sie erhebt einst aus dem Erdentale
Zu des Lichtes Urquell mich, zu Dir!