Empfindungen eines Leidenden

Ach! was ist doch der Mensch auf dieser Erde?
Und ach! was bist auch Du in dieser Welt?
Ist nicht Dein Leben mancherlei Beschwerde
Und manchem Sturm der Trübsal bloß gestellt?

Mit jeder Woche, jedem frühen Morgen
Sind Deiner Tage Lasten wieder neu;
Nur wenig’ Stunden fliehen ohne Sorgen,
Dir gänzlich ohne Schmerzgefühl vorbei.

Sieh, alles schwimmt in einem Strom der Freuden,
Und alles jubelt fröhlich um Dich her;
Doch Dir scheint’s oftmals beim Gefühl der Leiden,
Als herrschte nur ein blindes Ungefähr;

Als hätte eine Wüste Dich umgeben,
Wo keine Quelle rauscht, kein Schatten winkt,
Wo keine Zephyr kühlend sich erheben,
Kein lächelnd’ Blümchen blüht, kein Vogel singt.

Jedoch lass alle schweren Sorgen fahren,
Was hilfts Dir, wenn Du Deine Lebenszeit,
Den ach! vielleicht nur kleinen Kreis von Jahren
Durchlebst, umwölkt von finstrer Traurigkeit.

Nichts, nichts soll meine Hoffnung je erschüttern,
Stets will ich kindlich froh auf Gott vertraun,
Er wird auf mich in Nacht und Ungewittern
So wie im Sonnenschein hernieder schaun.

Du, dessen Wink in jenen Himmelsweiten
Den Sonnen vorgezeichnet ihre Bahn,
Du kannst und wirst auch mir den Weg bereiten,
Darauf mein Fuß gefahrlos gehen kann.

Im heißen Kampf umwehst Du mich mit Kühle,
Durchströmst das Herz mit Wonn’ und süßer Ruh.
Du tragest mich, voll seliger Gefühle,
Durch’s Leben hin, dem stillen Grabe zu.

Was willst Du doch im Guten so ermüden?
Blick’, o mein Geist, hinauf zur höhern Welt!
Nach kurzem Kampf gelangst Du dort zum Frieden,
Die Siegespalme winkt, kämpf’ als ein Held!

In Dir, Herr! Will ich nie den Mut verlieren,
Wenn gleich mein Auge oft im Stillen weint,
Denn Du weißt alles herrlich auszuführen,
Wenn mir Dein Pfad auch noch so dunkel scheint.

Du bist mein Fels, Dir will ich freudig singen,
Nichts kann geschehn, von Dir nicht auserwählt -
Kein Tröpfchen Blut aus meinen Adern dringen;
Die Haare meines Haupts hast Du gezählt.

Und soll ich auch in finstern Tale wallen,
Furcht’ ich kein Unglück, denn Du bist bei mir;
Und mögen Welten auch in Trümmer fallen,
Du bleibest meine Zuflucht für und für. —